Frühkindliche Bildung und Sozialpädagogik
Eure Arbeitsbedingungen, Teil 2
In der September-tz kamen die Mitglieder aus den unterschiedlichen Bildungsbereichen bezüglich ihrer Arbeitsbedingungen zu Wort (Beschreibung und Forderungen). Hier folgen drei weitere Rückmeldungen aus dem Bereich Frühkindliche Bildung und Sozialpädagogik, die aus Platzgründen nicht mehr abgedruckt werden konnten, aber nun – um das Bild für diesen Bildungsbereich in diesem Schwerpunktheft zu erweitern – ebenso öffentlich werden sollen.
1. Ich arbeite als ausgebildete Erzieherin und Praxisanleiterin in einer Kindertagesstätte im ländlichen Raum.
Es ist ein kommunaler Träger, öffentlicher Dienst. Ich arbeite in einer Gruppe und betreue 18 Kinder alleine. Einige Kinder haben erhöhten Betreuungsaufwand, eine individuelle Förderung ist kaum möglich. Das macht mich sehr unzufrieden. Trotzdem versuche ich, den Tag mit den Kindern abwechslungsreich und interessant zu gestalten. Wir sind viel im Freien unterwegs. Morgens gehört es so nebenbei dazu, Tee zu kochen, alle Räume zu lüften, Essensabmeldungen, Telefonate entgegenzunehmen und die Essensbestellung vorzunehmen. Das Alleinarbeiten bereitet mir oft Sorgen. Was ist, wenn etwas passiert? Ich arbeite 34 Stunden laut Vertrag, aber oft sind es mehr. Aufgrund von Krankheit gibt es ständig Änderungen. Freie Tage fallen weg. Die angefallenen Überstunden werden willkürlich angesetzt zum Absetzen. Hier ist ein Mitspracherecht sinnvoll. Jeder hilft aus und soll auch geschätzt werden. Das fehlt komplett. Von Seiten des Trägers und der Eltern kommen Forderungen und kaum eine Wertschätzung. Getadelt wird schnell - gelobt selten. Der Personalschlüssel wird bei den älteren Kindern verbessert – in den nächsten drei Jahren. Was ist von 1 bis 3 Jahren? 6 Kinder sind zu viel! Was ist mit Altersteilzeit? Mit 67 Jahren in einer Kita zu arbeiten, wo man täglich mehrmals drei Etagen steigen muss … kaum vorstellbar. Der Lärm, die Bürokratie! 34 Jahre nach der Wende - es gibt immer noch starke Unterschiede zwischen Ost und West. Es gibt viel zu tun!
2. Ich freue mich über die 1:12 jetzt!
Das ist echt mal wieder ein kleiner Erfolg nach den ganzen Coronaeinschränkungen und Unzulänglichkeiten nach fünf Jahren Minderheitenregierung ohne "Bisskraft". Im Speziellen bin ich im Kindergarten zufrieden. Wir laufen unter voller Kapazität bis 2026, bin aber im Allgemeinen bei meinen Kolleginnen und Kollegen, die ja mit Stundenkürzungen, Stellenabbau und Kindergartenschließungen konfrontiert sind.
Meine Forderungen:
- Das Geld für soziale und bildungspolitische Aufgaben im System halten, um die sozialen Einrichtungen zu erhalten.
- Die frei werdenden Räume umwidmen und nutzen für Kinder-, Familien- und Jugendarbeit, um dann bei steigenden Kinderzahlen, wieder kurzfristig die Kindergartenplätze aktivieren zu können.
- Das Land Thüringen soll seine Bildung und Immobilien (Sozialwohnungen, Schulen, Kindergärten) in staatlicher Hand halten. Was einmal verloren ist, ist verloren.
3. Ich arbeite in der stationären Kinder- und Jugendhilfe.
Wir haben regelmäßig Praktikanten und auch duale Studenten. Mein Arbeitgeber und Team sind sehr gut. Es wird auf persönliche Umstände geachtet, so gut es möglich ist. Die Bezahlung ist ok, aber ausbaufähig. Die Arbeit in der Jugendhilfe ist wirklich toll. Die großen Probleme sind der allgemeine Personalmangel und die Bezahlung. Der Beruf ist nicht attraktiv genug für junge Leute. Der Kampf um das Geld von den jeweiligen Ämtern, immer wieder neue langwierige Verhandlungen um Kosten.
Was ich mir vom Land wünsche:
- dass wir nicht ständig ausgebremst werden durch Bürokratie,
- dass wir Voraussetzungen schaffen, damit alle Träger gute
Bedingungen haben,- mehr Unterstützung für Arbeitnehmer mit Kindern,
- mehr, vielfältiger und kostenfreie Weiterbildung vom Land,
denn Theorie und Praxis gehen zu weit auseinander,- die Unterstützung finanzschwacher Familien ohne ewig lange
Anträge. (Viele verstehen die komplizierten Anträge nicht oder
wissen nicht, was wem zusteht), also: digitale Anträge ohne
viel Papier,- ein kostenfreies Essen in Kita und Schule,
- einen kostenfreien Hort.