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Einleitung in den tz-Schwerpunkt "Rot-Rot-Grüne Hochschulpolitik: Da ist schon viel Gutes drin, aber ..."

Durch vielschichtige gesellschaftliche Entwicklungen stehen Hochschulen heute mehr denn je vor großen Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Wesentliche Rahmenbedingungen werden dabei durch Landesund Bundesgesetzgebung festgelegt.

Bild: fotolia - Barbara Pheby

Lange Zeit galt die Studierendenquote in Deutschland im internationalen Vergleich als zu gering. Während im Jahre 2000 lediglich ein Drittel eines Jahrgangs ein Studium begann, sind es inzwischen beinahe 60 %, was in etwa dem OECD Durchschnitt entspricht. Dass in Deutschland auch viele junge Menschen im Rahmen der dualen Ausbildung einen Einstieg in Berufe finden, für die in anderen Ländern ein Studium zu absolvieren ist, findet bei diesem internationalen Vergleich keine Berücksichtigung. Die gesellschaftliche und auch die monetäre Geringschätzung der Ausbildungsberufe treibt dabei mehr und mehr junge Menschen an die Hochschulen, in der Hoffnung, mit einem guten Abschluss die ersten Schritte auf einem Weg in eine erfolgreiche Zukunft zu meistern.

Das Dilemma dabei ist u. a., dass die finanzielle Ausstattung der Hochschulen nicht in gleichem Maße gesteigert wurde, wie es bedingt durch die Zunahme Studierender erforderlich gewesen wäre. Die daraus resultierende Verschlechterung der Betreuungsrelation, verbunden mit einer zunehmend heterogenen Studierendenschaft in Bezug auf
die persönliche Reife, die Motivation und den Wissensstand, geht mit höheren Studienabbruchquoten einher. Mit Zusatzangeboten sowie besonderen Lehr- und Lernformen versuchen die Hochschulen dem entgegenzuwirken, was wiederum bei einer dünnen Personaldecke zu Überlastsituationen bei Beschäftigten mit Aufgaben in der Lehre führt.

Ein vermeintlicher Ausweg aus der finanziellen Misere verspricht die verstärkte Einwerbung von Drittmitteln zu sein. Auch dieser Trend bringt neue Probleme mit sich bringt. Kurze Befristungen aufgrund unsicherer Folgefinanzierungen, ein höherer Anteil von Beschäftigten in „Zwangs“-Teilzeit, oder auch die Beeinflussung der Freiheit bei der
Wahl von Forschungsthemen durch monetäre Anreize seien hier nur exemplarisch genannt.

In der GEW wurde die sich abzeichnende Schieflage frühzeitig erkannt …

… und es wurden Initiativen zur Verbesserung der Situation von Beschäftigten und Studierenden gestartet. So wurde beispielsweise die Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes auf Bundesebene durch zahlreiche Aktionen und Stellungnahmen begleitet. Aktuell befinden sich auch in Thüringen zwei Gesetze in der Novellierung, welche erhebliche Auswirkungen auf die Hochschulen haben – das Thüringer Hochschulgesetz sowie das Thüringer Personalvertretungsgesetz.

  • Es ist unter anderem den Bemühungen der GEW zu verdanken, dass sich bereits im Koalitionsvertrag der Landesregierung einige Versprechen finden, an deren Einlösung wir die Verantwortlichen seitdem erinnern.

Im Einzelnen erwarten wir u. a. die Stärkung der Mitbestimmungsrechte aller Statusgruppen, ein Maßnahmenpaket „Gute Arbeit in der Wissenschaft“, die Verbesserung der Situation von Lehrbeauftragten, die Öffnung des Personalvertretungsgesesetzes für studentische sowie Drittmittelbeschäftigte, tarifliche Regelungen für studentische Beschäftigte, die Stärkung von familienfreundlichen Arbeits- und Studienbedingungen sowie mehr Transparenz bei der Drittmittelforschung. Inwiefern diesen ambitionierten Zielen in den aktuell vorliegenden Gesetzesentwürfen Rechnung getragen wird, beleuchten wir in dieser Ausgabe in mehreren Artikeln.

Das Ziel ist die Stärkung der Hochschulgremien

Eine der weitreichendsten Änderungen, die sich im Entwurf des Thüringer Hochschulgesetzes findet, ist zweifellos die Stärkung der Hochschulgremien durch eine möglichst paritätische Besetzung, verbunden mit der Erweiterung der Zuständigkeiten der Senate. Naturgemäß kommt dazu Kritik aus den Reihen derer, die gefühlt Macht einbüßen. Die Hochschulräte monieren die Schwächung ihrer Position.

  • Dazu sei angemerkt, dass Hochschulen keine Unternehmen und Hochschulräte keine Aufsichtsräte sind. Aufsicht erfahren die Hochschulen zur Genüge durch das Ministerium, durch Wirtschaftsprüfer und den Rechnungshof.

Durch ihre Expertise sind die Hochschulräte jedoch wichtige Impulsgeber, um extrinsische Information in das sonst weitgehend innerhalb der Professorenschaft abgeschlossene System Hochschule zu bringen. Im Sinne einer konsequenteren Gewaltenteilung ist zudem die Verlagerung von Zuständigkeiten der Hochschulleitung hin zum Senat geplant. Der Hochschulleitung käme dann verstärkt die Rolle als ausführendes Organ für die Beschlüsse des Senates zu. Dass der Senat dabei zumindest bei Beschlüssen, die nicht unmittelbar Lehre und Forschung betreffen, paritätisch besetzt sein soll, trägt dem demokratischen Gedanken weiter Rechnung.

Kontakt
Andrea Scholz
Mitglied des Betriebsverbandsvorstands Universität Erfurt
Adresse Postfach 90 02 21 c/o Personalrat
99105 Erfurt
Telefon:  0361 737 50 60