Aus der Redaktion
Einleitung in den Schwerpunkt Seiteneinstieg
Stellen wir uns die Frage, woran es an den meisten Schulen fehlt, steht meist direkt an erster Stelle die Antwort: „am Personal!“. Es fallen Stunden aus, Fächer müssen fachfremd vertreten werden, Stundentafeln werden gekürzt, die Bewältigung von Aufgaben des Schulalltags wird schwieriger.
Dieses zugrunde liegende Problem ist sicherlich durch verschiedene Ursachen begründet. So könnte man den Blick auf die Versäumnisse der vergangenen Jahrzehnte in Politik und in der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern richten. Tatsache aber ist, dass diese Versäumnisse eine absehbare Leerstelle in den Kollegien der Schulen hinterlassen haben. Um diese zu füllen, sind Seiteneinsteiger:innen einer der elementarsten Bestandteile in der Schulplanung geworden und werden es zukünftig mit immer größerer Wichtigkeit werden. Immer mehr Fachpersonen mit Expertise in ihrem bisherigen beruflichen Leben, mit einer auch daraus resultierenden Berufs- und Lebenserfahrung treffen selbstbestimmt die Entscheidung, einen neuen Weg zu beschreiten.
Bewusst erklären sie sich dazu bereit, nicht nur beruflich einen Neubeginn zu starten und all ihre bisher gesammelten Kenntnisse und Fähigkeiten im Schulbetrieb einzubringen. Im öffentlichen Bild findet diese positive Einstellung aber nur selten einen Platz. Seiteneinsteigenden wird oftmals ihre Kompetenz abgesprochen. Sie werden häufig als Lehrer:innen zweiter Klasse gesehen oder als notdürftige Lückenfüller dargestellt. Und was kaum im Bewusstsein der Allgemeinheit vorhanden ist, sind die Widerstände, gegen die man ankämpfen muss, wenn man sich für diesen Schritt entscheidet. Von Schwierigkeiten bei der Anerkennung von Leistungen, über verschiedenste Herausforderungen in der Nachqualifikation im Studienseminar bis zu Problemen an der Schule und im Kollegium gibt es zahlreiche Hindernisse auf dem Weg zur Lehrtätigkeit. Natürlich gibt es auch positive Erfahrungen, die wir als Seiteneinsteiger:innen immer wieder erleben dürfen – das freundliche Miteinander unter Kolleginnen und Kollegen, Erfolgserlebnisse mit Schülerinnen und Schülern, sowie persönliche Weiterentwicklung.
All diese Perspektiven, sowohl die angenehmen als auch die problematischen, werden in dieser Ausgabe zum Themenschwerpunkt „Seiteneinstieg in Schulen“ in verschiedenen Beiträgen und Berichten dargestellt. Diesem Thema einen ganzen Schwerpunkt der tz zu widmen, war uns – der Arbeitsgruppe Seiteneinstieg – ein Herzensanliegen. Wir wollen denen eine Stimme geben, die eher selten gehört werden, um die Erfahrungswerte stärker in die öffentliche Wahrnehmung zu rücken und die darin liegenden Herausforderungen bewusst anzusprechen.
Seit 2018 gibt es in Thüringen die Möglichkeit, Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger unbefristet an allen staatlichen Schulen einzustellen und im Unterricht einzusetzen. Seitdem wurden bereits einige Verbesserungen im Bereich der Anerkennung von Leistungen, dem Berufseinstieg sowie der Weiterqualifizierung erreicht. Nun geht es vor allem darum, eine allgemeinere Akzeptanz, sowie eine Erleichterung im Schulalltag und in der Ausbildung zu erwirken. Gemessen an der steigenden Zahl der Seiteneinsteigenden, liegt es im Sinne der GEW, genau diese Gruppe im Blick zu behalten und weiterhin entsprechend zu unterstützen. Diese Ausgabe dient demnach als Angebot, genau dies zu tun.