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Wintersemester 2021/22 in Präsenz

Die Thüringer Hochschulen tasten sich durch die Pandemie

Nach drei überwiegend im Online-Modus durchgeführten Semestern ist das Wintersemester 2021/22 an den Thüringer Hochschulen im Präsenzbetrieb gestartet. Wieviel ist bis zum Ende des Semesters davon übriggeblieben?

Symbolbild- Quelle: Canva Pro

Während im Spätsommer 2021 die COVID-19-Inzidenzen deutschlandweit deutlich angestiegen sind, hat das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft (TMWWDG) gemeinsam mit der Thüringer Landespräsidentenkonferenz (TLPK) eine erstaunliche Entscheidung getroffen: Die Hochschullehre und die damit verbundenen Prüfungen sollten fortan regelmäßig im Präsenzmodus durchgeführt werden.

Dazu wurden die bislang an den Hochschulen geltenden Regelungen, der „Hochschulparagraf“ in der Thüringer SARS-CoV2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung (ThürSARS-CoV-2-IfSMaßnVO), nahezu im monatlichen Rhythmus geändert. Galt im Sommersemester (05.05.2021) quasi noch eine 3G-Regel nur für Prüfungen, wurde Ende des Semesters (30.06.2021) darauf verzichtet und den Hochschulen die Möglichkeit gegeben, eine 1GRegel (obligatorischer Test für alle an Präsenzveranstaltungen Teilnehmenden) einzuführen, was wenig später (24.08.2021) dann obligatorisch gemacht wurde, bei gleichzeitiger Aufhebung des allgemein geltenden Mindestabstandsgebots von 1,5 m. Vier Wochen später (16.09.2021) wurde die obligatorische Testpflicht dann wieder durch eine 3G-Regel für die Teilnahme an Präsenzlehrveranstaltungen und -prüfungen ersetzt. Dabei hatten die Antigen-Schnelltests eine Gültigkeit von 72 Stunden, auf allgemeine Zugangskontrollen wurde zugunsten einer stichprobenartigen Überprüfung verzichtet. So ungefähr ist das Semester dann auch gestartet, nur dass zwischendurch noch klargestellt wurde, dass allen Studierenden auf Kosten der Hochschulen kostenfreie beaufsichtigte Selbsttests anzubieten sind.

Präsenzbetrieb lässt sich nicht mit 1,5-m-Abstandsgebot vereinbaren

Entscheidend war jedoch, dass Präsenz nur ermöglicht wurde durch die Aufhebung des Abstandsgebot, verbunden mit dem hilflosen Versuch, es durch andere Regeln (bspw. 3G) zu ersetzen. Die Hochschulen waren schon vor der Pandemie überfüllt, indem sie schlichtweg nicht genügend Platz für alle Studierenden hatten: auf den Treppen sitzende und an den Hörsaalseiten stehende Studierende waren keine Seltenheit. Zum Stichtag 01.12.2020 gab es an der Universität Jena 10.224 flächenbezogene Studienplätze für 15.328 Studierende, an der Hochschule Nordhausen standen 2.418 Studierenden gerade mal 945 flächenbezogene Studienplätze zur Verfügung. Die Hochschulen sind also planmäßig überfüllt – eine Rückkehr zum Regelbetrieb (=Präsenz) führt also zwangsläufig zur Unterschreitung jeglichen physischen Mindestabstands.

Mühsamer Lernprozess: Die schleichende Rückkehr zur Online-Lehre

An den meisten Hochschulen gab es jedoch zu keiner Zeit einen vollständigen Präsenzbetrieb, teilweise ist den Lehrenden die Entscheidung über das Format der Lehrveranstaltung überlassen worden – was es den Studierenden auch nicht leichter machte, wenn die Übergangszeit zwischen einer Präsenz- zu einer Onlineveranstaltung nur wenige Minuten betrug. Spätestens seit November ist es dann zu einer schleichenden Rückkehr zur Online-Lehre gekommen, teils weil Lehrende selber das Infektionsrisiko für zu hoch einschätzten, teils weil Studierende in hybrid angebotenen Lehrveranstaltungen eine „Abstimmung mit den Füßen“ unternahmen, indem immer mehr Studierende online zugeschaltet waren und nur noch wenige am Präsenzteil der Lehrveranstaltung teilnahmen.

Einzelne Hochschulen sind dann ab Dezember dazu übergegangen, nur noch Online- oder Hybridveranstaltungen anzubieten und reine Präsenzveranstaltungen auszuschließen, was noch bis zur Weihnachtspause vom TMWWDG kritisiert worden ist. Schließlich haben sich im Rahmend der „Erweiterten Landespräsidentenkonferenz“ am 12.01.2022 Ministerium, Hochschulleitungen, Hauptpersonalrat und Studierendenvertretungen darauf verständigt, dass nur noch Online-Lehre und ausnahmsweise Hybrid-Lehrveranstaltungen angeboten werden. Es war ein mühsamer Lernprozess.

Im Hamsterrad: Das Verordnungschaos geht weiter

Mit der Verordnung vom 17.12.2021 wurden die Bestimmungen für die Hochschulen so plötzlich und ohne Vorabstimmung geändert, dass an vielen Hochschulen die Änderungen vor der Weihnachtspause nicht einmal wahrgenommen wurden und demzufolge auch nicht zur Wiederaufnahme des Lehrbetriebs am 03.01.2022 umgesetzt werden konnten: Nach dieser Verordnung gilt die 3G-Regel auch für Studierende und Gäste nicht nur für Präsenzlehrveranstaltungen und –prüfungen, sondern für den Zutritt zu den Gebäuden. Weiterhin dürfen die Hochschulen ihren Studierenden grundsätzlich keine beaufsichtigten Selbsttests mehr anbieten bzw. dürfen sie nicht mehr anerkannt werden, außer für Studierende, die ein ärztliches Attest, dass sie nicht geimpft werden können, vorweisen oder für die keine Impfempfehlung der STIKO vorliegt (das trifft vor allem für Menschen zu, die mit einem nicht in der EU zugelassenen Impfstoff geimpft sind). Außerdem sind Nachweise über Schnelltests künftig nur 24 Stunden statt bisher 72 gültig.

Als wenn das nicht alles kompliziert genug wäre, so geht das Gerücht, dass es Mitte Januar (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe) eine neue Verordnung geben soll, die daran schon wieder etwas ändert. Die Folge ist, dass die Hochschulen mit den Anpassungen ihrer Infektionsschutzkonzepte nicht nachkommen. Nachdem Krisenstäbe und Fakultäten einbezogen und der Personalrat beteiligt worden ist, gilt meist schon wieder eine neue Verordnungslage. Das Hamsterrad dreht sich weiter.

3G für Beschäftigte meist problemlos, hohe Impfquote

Hingegen lief die kurzfristige Einführung der 3G-Regel im November für Beschäftigte überwiegend problemlos. Die Personalräte sind meist einbezogen worden. Aus Personalratssicht ist zudem erfreulich, dass an den meisten Hochschulen eine ausgesprochen hohe Impfquote von deutlich über 90 % festgestellt werden konnte. So müssen sich beispielsweise an der HS Nordhausen nur 7 von 250 Beschäftigten präsenztäglich testen lassen. Die Hochschulbeschäftigten sind diesbezüglich offenbar kein repräsentatives Abbild der Gesellschaft, und es mag Zusammenhänge mit einem durchschnittlich höheren Bildungsstand und größerer Wissenschaftsnähe geben.

Es fehlen Konzepte, trotz pandemischer Bedingungen Präsenz zu ermöglichen

Der Verlauf des aktuellen Wintersemesters hat gezeigt, dass der Wunsch nach einem „richtigen“ Präsenzsemester zwar von vielen geteilt wurde, jedoch nicht umsetzbar war. Großteils lag es daran, dass versucht worden ist, durch Außerkraftsetzen notwendiger Regelungen (bspw. Abstandsgebot) zu einem Präsenzbetrieb zurückzukehren, wie wir ihn vor März 2020 kannten. Intelligente Konzepte, wie man trotz der Raumknappheit bspw. durch intelligente Planung und Wechselmodelle teilweise Präsenz für alle Studierenden (wenn auch nicht zeitgleich) ermöglichen kann, fehlten und fehlen überwiegend.

Dass so etwas geht, berichten Studierende, die ein Erasmus+- Semester an Hochschulen in anderen Staaten Europas absolviert haben: Vielerorts gibt es „Präsenzwochen“ und „Online-Wochen“, oder zwei Präsenz- und drei Online-Tage pro Woche (für Lehrende entsprechend) – alles gut geplant und zu Semesterbeginn kommuniziert. Eine Überbelegung von Räumen wird auf diese Wiese vermieden und Abstandsgebote können eingehalten werden. Die zurückkehrenden Studierenden fragen sich, warum so etwas bei uns nicht geht.

Aussicht

Unstrittig ist, dass Studium und Lehre ganz ohne Präsenz nicht möglich ist, der akademische Diskurs kann nicht rein online geführt werden.

Allerdings haben Lehrende und Studierende durch die teils sehr guten Erfahrungen mit Online-Lehrveranstaltungen auch die Vorteile solcher Formate erfahren und reklamieren jetzt - zu Recht – einen Anspruch auf Online-Lehre. Viele Kolleg:innen haben unter großem Einsatz und Engagement ihre Lehrveranstaltung didaktisch und methodisch vollkommen neu konzipiert, um sie auch online oder aufgezeichnet erfolgreich durchzuführen. Diese Bemühungen sollen auch nachhaltige Folgen haben.

Gleichzeitig erwarten Studierende von einer Hochschule, dass wesentliche Teile von Lehrveranstaltungen auch dann für sie zugänglich sind, wenn sie nicht physisch an einer Lehrveranstaltung teilnehmen können.

Perspektivisch bedeutet es jedoch, dass zwar nicht alles online angeboten werden kann und soll, dass aber hybride Formate – bei aller technischen und methodischen Schwierigkeit – zur Regel werden. Sie sind auch am inklusivsten, da sie größtmögliche Teilhabe ermöglichen.


Coronaschutz im Wintersemester 2021/2022 an ausgewählten Thüringer Hochschulen (Stand 22.01.2022):

DAS WINTERSEMESTER 2021/22 AN DER UNIVERSITÄT JENA (STAND: 04.01.2022) DAS WINTERSEMESTER 2021/22 AN DER TU ILMENAU DAS WINTERSEMESTER 2021/22 AN DER UNIVERSITÄT WEIMAR DAS WINTERSEMESTER 2021/22 AN DER BAUHAUS_UNIVERSITÄT ERFURT
 
  • es wird „so viel Präsenz wie möglich“ angeboten
  • bei maximal 125 Teilnehmenden können Lehrveranstaltungen und Prüfungen präsent stattfinden (3-G-Regelung und Einhaltung des Infektionsschutzkonzeptes zwingend vorgeschrieben, AHA-L-Regeln gelten, medizinische/FFP2-Maske unabhängig von Mindestabstand, Kontaktnachverfolgung mit QRoniton) --->Lehrende können auf Mund-Nase-Bedeckung (z.B. Sprachunterricht) verzichten, wenn mind. 3 Meter Abstand gehalten werden kann
  • digitale Formate dort wo aufgrund hoher Teilnehmerzahlen (über 125) keine Räume zur Verfügung stehen ODER wo didaktisch sinnvoller
  • in Präsenzveranstaltung Verständigung durch Studierende und Lehrende auf hybrides oder digitales Format möglich, Möglichkeit der Umstellung einzelner Termine auch bei Quarantänefällen (auch bei Fällen der Sorgeverantwortung)
  • vom 03.01.2022 bis 14.01.2022 alle Präsenzveranstaltung wieder auf digital umgestellt (analog Schule) -->ausgenommen Praktika, praktische Übungen, Supervisionen mit medizinischer Indikation sowie Prüfungen und Promotionsverteidigungen, die notwendig in Präsenz durchgeführt werden müssen
  • ab 10.01. Seminare (max. 15 Teilnehmer) präsent möglich, wenn didaktisch notwendig, gemeinsame Verständigung (Lehrende/Studierende) erfolgt, zu Anforderungen im Infektionsschutzkonzept noch Abstand gehalten werden kann
  • ab 17.01. vorsichtige und verantwortungsvolle Präsenz möglich, wenn Lehrende und Studierende es gemeinsam vereinbaren
  • Einschätzung der Hochschulleitung, dass über 90% der Studierenden und Lehrendenden geimpft sind
  • Maßnahmen und Regelungen werden offen und transparent kommuniziert (u.a. Krisenstab, Rundmails, FAQ-Seite auf Homepage) und werden von den Angehörigen der Universität mitgetragen
  • Weitere Informationen unter: www.uni-jena.de/FAQ_Coronavirus_Lehrend

Katrin Glaser, Personalrätin FSU Jena

 
  • Ab 10.01.2022 eingeschränkter Präsenzbetrieb -->Präsenz möglich, dort wo Abstände eingehalten werden können. Maskenpflicht.-->Verkürzung der Gültigkeit von Selbsttests für Studierende auf 24 Stunden
  • 13.12.2021 bis 08.01.2022 Präsenzlehre ausgesetzt. Ausnahme Praktika.
  • 30.11.2021 Verschärfung der Maßnahmen -->Max. 100 Personen in Präsenzveranstaltungen -->Qualifizierte Mund-Nasen-Bedeckung auch am Platz und trotz Abstand -->Verkürzung der Gültigkeit von Selbsttests für Studierende auf 48 Stunden -->Homeoffice muss wieder angeboten werden, dort wo es der Arbeitsplatz zulässt
  • 23.11.2021 Umsetzung der 3G Regelung am Arbeitsplatz -->Zentrale Test- und Kontrollstelle eingerichtet -->Test-/Impf-/Genesenen-Bestätigungen auf „Campuspässen“
  • 12.11.2021 Appell, Infektionsschutzregelungen einzuhalten, um Präsenzbetrieb fortführen zu können. -->Schlussfolgerung aus 3G-Nachweispflicht fürStudierende -> Impfquote weit über 80 %. Viele internationale Studierende gelten trotz Impfung oft als ungeimpft (russische, chinesische Impfstoffe)
  • 11.10.2021 Vorlesungsbeginn im Präsenzbetrieb -->3G für Teilnehmende an Präsenzveranstaltungen. Abstandsgebot. Bei Abstand am Platz keine Maskenpflicht. -->Bei größeren Veranstaltungen (>50 Studierende) kann der Wachschutz die 3G Kontrollen übernehmen. Sonst Stichprobenkontrollen durch Lehrende.
  • Allgemeines -->Lehrende bemühen sich sowohl Präsenz- als auch Online-Veranstaltungen anzubieten. Zahlreiche Hörsäle wurden technisch aufgerüstet, um Hybridveranstaltungen durchführen zu können. -->Maßnahmen werden zügig umgesetzt und gut kommuniziert (breit aufgestellter Krisenstab, Info-Mails des Präsidiums)

Marko Hennhöfer, Personalratsvorsitzender TU Ilmenau

„An der BUW ist Präsenzlehre bis auf weiteres nicht verboten (vom 20. Dezember bis 9. Januar war verpflichtend digitale Lehre); ein Teil hat von Anfang an oder Ende letzten Jahres den Wechsel in die digitale oder hybride Lehre vollzogen und wird dort auch bleiben. Unsere 3-G-Kontrollteams kontrollieren diverse Räume der Uni stichprobenartig.


Alexandra Pommer, Personalratsvorsitzende der
Bauhaus-Universität Weimar

Der Lehrbetrieb an der Universität Erfurt wurde (nach der Weihnachtspause) ab 10.01.2022 wieder aufgenommen. Bereits im November 2021 hatte der Senat beschlossen, dass
Lehrveranstaltungen mit mehr als 50 Teilnehmer:innen online und möglichst asynchron durchzuführen sind. Lehrveranstaltungen in kleineren Gruppen (bis max. 50 TN) können bis auf
Weiteres in Präsenz angeboten werden. Es ist natürlich noch nicht klar, ob dies bis zum Ende des Wintersemesters so durchgehalten werden kann (Rechtliche Änderungen sind zu beachten und die allgemeine Pandemie-Situation natürlich auch).
Das Infektionsschutzkonzept der Universität Erfurt wurde aktualisiert und auch die Beschäftigteninformation wurde angepasst. Die Regelungen sowie Informationen und Ansprechpartner sind auf unserer Corona-Informationsseite zu finden.


Andrea Scholz, Personalratsvorsitzende der Universität Erfurt

Kontakt
Thomas Hoffmann
Stellvertretender Landesvorsitzender
Adresse Heinrich-Mann-Str. 22
99096 Erfurt
Telefon:  0361 590 95 0
Mobil:  0173 389 4487
Kontakt
Katrin Glaser
Verwaltungsmitarbeiterin an der Friedrich-Schiller Universität Jena
Kontakt
Marko Hennhöfer
Betriebsverbandsvorsitzender TU Ilmenau
Adresse Max-Planck-Ring 14
98693 Ilmenau
Telefon:  03677 69 2505
Kontakt
Andrea Scholz
Diplomarchivarin an der Universität Erfurt