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Die FH-Nachwuchsprofessur

Der GEW-Gewerkschaftstag 2013 in Düsseldorf hat Forderungen für den Bereich der Fachhochschulen beschlossen, die wie folgt enden: „Sie müssen ihre Möglichkeiten zur Förderung wissenschaftlicher Qualifizierungen ausschöpfen, indem sie unter anderem Tenure-Track-Optionen anbieten, zu denen auch Juniorprofessuren mit der Chance zur parallelen Praxisqualifikation gehören.“

Diese bemerkenswerte Forderung ist federführend aus Thüringen in den Beschluss gekommen, haben wir hier doch schon 2012 im Rahmen des Dialogforums zu Hochschulkarrieren das Thema „Juniorprofessuren an Fachhochschulen“ diskutiert. Während des in der ersten Jahreshälfte 2016 durchgeführten Thüringer Hochschuldialogs habe ich diese Forderung sowohl in Nordhausen als auch Schmalkalden formuliert,so dass wir gespannt sein können, ob sie in die anstehende Novelle des Thüringer Hochschulgesetzes (ThürHG) eingehen wird. 

Erstaunliche Einladung

Umso erstaunter war ich, eine Einladung zur Podiumsdiskussion im Rahmen der Fachtagung „Wissenschaftliche Karriere an Fachhochschulen“zu erhalten, die Ende Juni an der FH Düsseldorf gemeinsam(!) von der GEW und dem DGB NRW sowie der Landesrektorenkonferenz der Fachhochschulen und der Arbeitsgemeinschaft der Kanzlerinnen und Kanzler der Fachhochschulen in NRW durchgeführt wurde. In zwei Podien zu den Themenfeldern „Wissenschaftliche Qualifikation und (Kooperative) Promotion“ sowie „Professional-Tenure-Track und Nachwuchsprofessur“ konnte ich unsere GEW-Positionen einbringen und mit Vertretern verschiedener Hochschulen diskutieren. Am Ende der Veranstaltung hat NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze ein Landesprogramm zur Förderung von insgesamt 80 FH-Nachwuchsprofessuren verkündet(das sind immerhin vier pro Hochschule). Inzwischen ist dieses Programm auch ausgeschrieben.

Inzwischen hat sich tatsächlich Einiges zum Thema getan: Der 13.Senat der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) hat am 15.06.2016 in Berlin Empfehlungen zur Stärkung des wissenschaftlichen Nachwuchses beschlossen, in denen auch die „Ermöglichung des Erwerbs einer intersektoralen Doppelqualifikation“ gefordert wird:„Nach der Promotion müssen Nachwuchswissenschaftlern/-innen auch unterschiedlich gestaltete Teilzeitstellen angeboten werden können, die eine Beschäftigung von z. B. bis zu 50 % an FH/HAW und von mindestens 50 % bei Praxispartnern (Unternehmen, öffentlichen Einrichtungen) ermöglichen. Ziel ist es, diesen Personen die erforderliche Doppelqualifikation in durch die Hochschule qualitätsgesicherten wissenschaftlichem Beschäftigungsverhältnis zu ermöglichen und ihr Interesse an praxisorientierter Lehre sowie Forschung und Entwicklung zu stärken und zu fördern.“

Planbare Wege sind notwendig

Zuvor hat schon am 12.04.2016 die AG Bildung und Forschung der SPD-Bundestagsfraktion ein Positionspapier mit dem Titel „Fachhochschulen und Universitäten für angewandte Wissenschaften in ihren Strukturen zukunftsfähig stärken“ beschlossen, in dem ebenfalls gefordert wird, „den Qualifikationserwerb sowohl in der Hochschule als auch in der für die Professur adäquaten Berufspraxis“ miteinander zu verknüpfen, so dass Nachwuchswissenschaftler*innen planbare Wege zur Einmündung in eine FH-Professur erhalten. 

Wie ein solches Modell aussehen kann, hat Frau Prof. Dr. Ute von Lojewski, Präsidentin FH Münster, auf der oben erwähnten Tagung dargestellt: Die FH-Nachwuchsprofessur ist mit oder ohne Tenure Track möglich. Bei dem Tenure-Track-Modell wird ein Berufungsverfahren durchgeführt und nach der Ruferteilung eine Qualifizierungsvereinbarung geschlossen. Die Einstellung an der Hochschule erfolgt dann befristet auf drei Jahre auf einer halben LfbA-Stelle [LfbA = Lehrkraft für besondere Aufgaben, Anm.] in der E 13 bei einer Lehrverpflichtung von 5 LVS, parallel dazu gibt es eine 50 %-Beschäftigung außerhalb der Hochschule bei einer „einschlägigen Firma“. Dazu werden ein Mentoring-Programm und hochschuldidaktische Weiterbildung angeboten. Nach erfolgreichem „Durchlaufen“ dieser dreijährigen Nachwuchsprofessur erfolgt die Übernahme in eine reguläre W2-Professur. Beim Modell ohne Tenure Track gibt es vor der Einstellung lediglich ein normales Auswahlverfahren und nach Ablauf der drei Jahre erfolgt keine Übernahme in eine Professur.

Und wie schätzt die GEW diese Modelle ein?

Aus GEW-Sicht ist letzteres Modell nicht sinnvoll, während die Nachwuchsprofessur mit Tenure Track ernsthafte Beachtung verdient. Kritisch zu sehen ist jedoch sowohl die Einstellung als halbe LfbA als auch die Eingruppierung in die E 13. Ein Arbeitsverhältnis als wissenschaftliche*r Mitarbeiter*in wäre angemessen für solch anspruchsvolle Nachwuchsprofessur, ebenso wie eine Eingruppierung in mindestens E 14. Auch müssten klare Qualitätsstandards für das Beschäftigungsverhältnis in der Berufspraxis vereinbart werden. Wichtig ist, dass trotz Teilzeit die Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden in verantwortungsvoller Position ermöglicht wird.

Offen bleibt jedoch, ob eine solche „duale“Professur auf allgemeine Akzeptanz stoßen und beispielsweise ein Hochschulwechsel möglich sein wird. Sie darf auf keinen Fall eine Professur zweiter Klasse werden. 

Kontakt
Thomas Hoffmann
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Thomas Hoffmann