Die Horte in der DDR
In der DDR gehörte der Schulhort im Rahmen der Tageserziehung fest zum Schulkonzept und war Bestandteil des Bildungswesens. Er hatte einen Betreuungs- und Bildungsfunktionsauftrag und es gab einen Plan, mit Bildungszielen, ähnlich wie der Lehrplan. Er war von der damaligen Ideologie geprägt. Im Jahr 1989 waren 81 % der Schüler*innen der Klassenstufen eins bis vier im Schulhort angemeldet. In der Mittagspause oder nach dem Ende des Unterrichts gingen die Unterstufenklassen zum Mittagessen. Schulküchen und Speiseräume waren an allen Schulen seit den 1950er Jahren vorhanden.
Anschließend waren sämtliche erteilten Hausaufgaben des Schultags zu erledigen. Es wurde gesteigerter Wert auf die gediegenen Grundfertigkeiten Disziplin, Ordnung, Sauberkeit, Strebsamkeit, Beharrlichkeit und Fleiß gelegt; die Kinder hatten ruhig, konzentriert und mit Mindestanforderungen an die äußere Form zu arbeiten. Hatte ein Kind die Aufgaben gelöst, legte es die Ergebnisse der*dem für die Hortgruppe verantwortlichen Erzieher*in vor. Die*der Erzieher*in (meistens Frauen) unterschrieb zum Zeichen des Einverständnisses oder wies gegebenenfalls auf Fehler oder Unzulänglichkeiten in der Form hin. Mit der Unterschrift unter die Hausaufgabe konnte das Kind den Arbeitsbereich verlassen und bis zum Ende seiner Hortzeit frei spielen.
Die Erzieher*in absolvierte ein Fachschulstudium an den Instituten für Lehrerbildung und hatte im Rahmen Ausbildung eine Lehrbefähigung in ein oder zwei sogenannten Nebenfächern der Unterstufe. Sie arbeiteten eng mit den Lehrer*innen und der Klassenlehrer*in zusammen. Hospitationen im Unterricht und Beratungen mit den Lehrer*innen über gemeinsame Aktivitäten und Vorhaben fanden regelmäßig statt. Dabei wurden auch auftretende Probleme aus den Bereichen Lernen, Leistung und Verhalten der einzelnen Kinder besprochen.
Die Entwicklung nach der Wende
Mit dem Übergang in ein anderes Bildungswesen gab es dann die Grundschule und den Grundschulhort. Das Land hatte die volle Verantwortung für Grundschulhorte. Jedes Kind in Thüringen hat vom Schuleintritt bis zum Abschluss der Grundschule einen Anspruch auf Hortbetreuung. Der Schulhort in Thüringen ist organisatorischer Teil der Grundschule und sein Besuch ist freiwillig. Er versteht sich als eine Familien ergänzende und den Unterricht unterstützende Einrichtung, fördert die Selbständigkeit der Kinder, schafft Voraussetzungen, soziales Verhalten zu üben, verantwortlich zu handeln und den individuellen Bedürfnissen und Neigungen nachzugehen.
Für Grundschulkinder besteht ein Anspruch auf Förderung in einem Hort an einer Grundschule von montags bis freitags mit einer täglichen Betreuungszeit von zehn Stunden unter Anrechnung der Unterrichtszeit.
Die Erzieher*innen waren damals ausschließlich Landesbedienstete, mussten aber eine Nachqualifizierung zur staatlich anerkannten Erzieher*in absolvieren. Seit diesem Zeitpunkt findet die Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieher*in an Beruflichen Schulen statt. Nach Abschluss der Ausbildung können sie in Kindergärten, -krippen, Horten, Heimen oder auch im Jugendbereich arbeiten.
In den anderen neuen Bundesländern gab es eine andere Entwicklung, denn dort sind die Horte gleich nach der Wende in kommunale Trägerschaft übergegangen, auch das Personal. Einige Erzieher*innen in Sachsen- Anhalt als pädagogische Mitarbeiter*innen sind an den Grundschulen geblieben. Zum größten Teil sind die Horte an die Kindergärten angegliedert. Außerdem sind viele Einrichtungen in freie Trägerschaft übergegangen. In Thüringen hat es viele Kindergärten betroffen.
Grundschulen und Horte haben sich nach der Wende auf Wege gemacht und eigene Bildungs-und Erziehungskonzepte erarbeitet. Einen Bildungsplan für die Nachmittagsbetreuung gab es nicht, außer dem Lehrplan für den Unterrichtsablauf. Lediglich der Bildungsauftrag im Schulgesetz, in der Schulordnung und in den Verwaltungsvorschriften war bindend.
In den Konzepten wurde die Zusammenarbeit zwischen Lehrer*innen und Erzieher*innen, die Organisation des Schulalltages und Bildungsangebote festgeschrieben. Danach wurde in den meisten Grundschulen der Schulvormittag auch von den Erzieher*innen im Unterricht oder bei Unterrichtsbegleitungen unterstützt. Außerdem bietet jeder Hort einen Früh- oder Späthort an.
Mitte der 90er Jahre wurde die Rhythmisierung des Tagesablaufes eingeführt. Sie hat eine ausgewogene Verteilung von Anspannungs-und Entspannungsphasen im Tagesablauf der Kinder beinhaltet. Dadurch sollten neurobiologische und physiologische Aspekte des Lernens stärker berücksichtigt werden.
Personalentwicklung
Die GEW hat die Entwicklung der Grundschuhorte von Anfang an begleitet. In der ersten Zeit standen vor allem die Arbeitsbedingungen der Erzieher*innen auf der Tagesordnung. Die demographische Entwicklung mit weniger Kindern und daraus resultierenden Personalüberhang betraf auch die Beschäftigten im Hort. Der Kampf um die Arbeitsplätze, gute Arbeitsbedingungen, wie Bezahlung und ausreichend Personal standen von Anfang an auf der Tagesordnung der GEW. Eine erste Auswirkung spürten die Erzieher*innen mit der Herabsetzung ihres Beschäftigungsumfanges von 100 % auf 80 %. Grund dafür war die angebliche unzureichende „Auslastung“ über den ganzen Tag. Mit dem Floating Programm (1997 bis 2008) der Landesregierung wurden Entlassungen verhindert. Aber mögliche Sparmaßnahmen im Personalbereich der Beschäftigten im Grundschulhort spielten in den Haushaltsdebatten der Thüringer Landesregierung eine große Rolle. Immerhin betraf es fast 2000 Stellen im Landesdienst.
Die Absicht, die Verantwortlichkeit für das Hortpersonal vom Land auf die Kommunen und auf freie Träger zu übertragen, gab damals Minister Dieter Althaus in seiner Regierungserklärung im September 2004 bekannt. Im Rahmen eines Konzeptes für „Bildung und Betreuung von 2 bis 16“ sollten im Grundschulbereich außerschulische Betreuungsangebote ebenso ermöglicht wie, wenn gewünscht, Ganztagsschulen in gebundener Form.
Nach der Ankündigung des Ministerpräsidenten wurde das Konzept in die öffentliche Debatte gebracht. Dieses Konzept löste einen breiten Widerstand bei Parteien, Gewerkschaften, Verbänden, Trägern von Kinder- und Jugendeinrichtungen, Wirtschaftsverbänden und auch den kommunalen Spitzenverbänden aus.
Die Chronologie der weiteren Entwicklung – Einige Eckdaten:
- Bündnis zum Erhalt der Grundschulhorte wird von der GEW ins Leben gerufen.
- Demo am 25.02.2005 vor dem Landtag!
- April 2005: Verkündung der Familienoffensive der Landesregierung.
- Das Konzept „Bildung und Betreuung von 2 bis 16“ verschwindet langsam in der Schublade.
- Hortkommunalisierung ist auch Bestandteil der Familienoffensive.
- Sommer 2005: befristete Einstellung von über 200 Horterzieher*innen bis 31.07.2007
- November 2005: Thüringer Landeselternverband Kindertagesstätten beschließt Volksbegehren.
- 03.12.2005: Demo zum CDU-Parteitag in Altenburg. Nur eine Gegenstimme bei Abstimmung zur Familienoffensive; über 50 % der Delegierten stimmen nicht mit ab.
- 07.12.2005: Beschluss zur Änderung des Kita-Gesetzes durch den Landtag
- 08.12.2005: Landkreistag fordert Übernahme von Horten nur mit Grundschulen
- Demo vor dem Landtag
- 2006: Das Konzept Bildung und Betreuung von 2 bis 16 verschwindet vollkommen.
- Der Bildungsplan für Kinder bis 10 Jahre wird erarbeitet und geht in die Probephase und ist die inhaltliche Grundlage der Hortarbeit.