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Rück- und Ausblick

Die berufsbildende Schule in der Corona-Pandemie

Im Rückblick auf ein Jahr Pandemie gibt es so viele Entwicklungen und Ereignisse, dass es schwierig ist, den Überblick zu behalten. Fest steht aber jetzt schon, dass Corona auch die berufsbildenden Schulen in Thüringen erheblich verändert hat.

Symbolbild - Quelle: Canva Pro

Schulcloud als wichtiges Werkzeug

Einige durch die Pandemie angestoßene Veränderungsprozesse werden zweifellos bleiben und darüber hinaus ihre Wirkung entfalten. Das war im Frühjahr 2020 so nicht abzusehen. Aber spätestens mit der zweiten Welle der Schulschließungen ab Dezember 2020 und der erneuten Verlegung des Unterrichts in die Thüringer Schulcloud verfestigten sich die strukturellen Veränderungen.

So ist die Anmeldung der neuen Auszubildenden und Schüler:innen in der Thüringer Schulcloud ein Vorgang geworden, der neben vielen anderen schulverwaltungsrechtlichen Schritten einfach dazu gehört. Und auch sehr viele Lehrer:innen werden die Cloud weiterhin nutzen, um über den Präsenzunterricht hinaus dort ergänzendes Material und Aufgaben anzubieten. Ganz praktisch erfolgt dies schon in den Fällen, wenn Auszubildende später mit ihrer Ausbildung beginnen. Über die Cloud bekommen sie Materialien zur Verfügung gestellt, um die versäumten Unterrichtsinhalte selbst-ständig nachzuholen.

Ob aber auch zukünftig ein Teil des Präsenzunterrichts in digitaler Form angeboten wird, kann gegenwärtig noch nicht abschließend beantwortet werden. Aktuell wird dies nicht diskutiert. Distanzunterricht ist bisher eine Form des Unterrichts, der nur für Ausnahmesituationen vorgesehen ist.

Berufsschulnetz und Distanzunterricht

Aber es gibt erste Ideen, den Digitalisierungsschub zu nutzen, um im ländlichen und kleinstädtischen Raum auch zukünftig ein bedarfsgerechtes Angebot im berufsbildenden Bereich aufrecht erhalten zu können. So ist es vorstellbar, dass von einem Berufsschulstandort aus in weiteren „Filialen“ der Unterricht mit abgedeckt wird. Ein solche Verbundidee ist nicht neu. Sie bietet für alle Akteure in der beruflichen Bildung einige Vorteile. Nicht nur die Auszubildenden verbleiben vor Ort, was den Ausbildungsbetrieben erleichtern sollte, wieder mehr Jugendliche für eine duale Berufsausbildung zu gewinnen. Auch die weitere Zentralisierung des Berufsschulnetzes kann dadurch abgemildert werden. Und aus Sicht des Freistaats Thüringen sollte es einfacher werden, den sich abzeichnenden Lehrer:innenmangel in den ländlichen und klein-städtischen Räumen besser zu begegnen.

Leider gab es im Verlauf der Corona-Pandemie auch einige Probleme im Distanzunterricht. Diese betrafen zwar nur einige Ausbildungsbetriebe, aber trotzdem ist es wichtig, auf diese Fehlentwicklungen hinzuweisen. Denn während der Schließungsphasen musste ernsthaft die Frage gestellt werden, ob das Berufsbildungsgesetz noch ohne Einschränkung gilt. Hintergrund war, dass immer wieder Auszubildende berichteten, dass es ihnen nicht möglich war, im Distanzunterricht ihre Aufgaben zu erledigen. Obwohl die berufsbildenden Schulen die Ausbildungsbetriebe darauf hingewiesen hatten, „die Erledigung der schulischen Aufgaben zu ermöglichen“.

Digitalisierung und Datenschutz

Mit dem Distanzunterricht und der damit verbundenen Umstellung auf digitale Lösungen traten zunehmend Fragen zum Datenschutz in den Vordergrund. Big Blue Button wurde als einziges Videokonferenzsystem in den Thüringer Schulen zugelassen.

Nicht so einfach war die Situation bei der E-Mail-Kommunikation zwischen Lehrer:innen und Auszubildenden. Insbesondere befürchteten einige Kolleg:innen gegen Datenschutzbestimmungen zu verstoßen, wenn sie Informationen von ihrer dienstlichen Mailadresse an den privaten E-Mail-Account der Auszubildenden verschicken würden. Eine Anfrage beim Datenschutzbeauftragten trug zur Klärung bei: „Die Versendung von Aufgaben an Schülerinnen und Schüler mit Mailadressen von US-amerikanischen Providern (z.B. an SchuelerX@gmail.com, SchuelerY@aol.com usw.) [ist] datenschutzrechtlich hoch problematisch, da hier nicht sicher ist, dass das europäische Datenschutzniveau bei der Übertragung der Mails durchgängig gewährleistet ist.“ Aus dieser Antwort geht eindeutig hervor, dass der Datenaustausch ausschließlich über die Thüringer Schulcloud erfolgen sollte und US-amerikanische Provider zu meiden sind.

Vom Keller bis unter das Dach

Im Rückblick kann festgestellt werden, dass innerhalb eines Jahres viele neue Strukturen geschaffen wurden, die auch in Zukunft digitale Unterrichtsangebote ermöglichen werden. Zudem gibt es an vielen berufsbildenden Schulen die Hoffnung, dass die digitale Infrastruktur erheblich ausgebaut und verbessert wird. „Vom Keller bis unter das Dach“ sollen die Schulen in den nächsten Jahren für die Digitalisierung gerüstet werden, wie dies ein Verantwortlicher vor Ort ausdrückte.

Kontakt
Mike Stieber
Lehrer am Staatlichen Berufsschulzentrum "Karl Volkmar Stoy" in Jena