Zum Inhalt springen

Die 24. GEW-Hochschulkonferenz an der Fachhochschule Erfurt

Traditionell hat die GEW Thüringen dieses Jahr wieder zur Hochschulkonferenz geladen. Die spannende Frage war: Hat Minister Tiefensee Einzelheiten zum Referentenentwurf des Thüringer Hochschulgesetzes mit dabei? Dieser Entwurf wird nicht nur von der GEW Thüringen für die nächsten Tage erwartet.

Foto: GEW Thüringen

Die Hochschulkonferenz der GEW Thüringen an der FH Erfurt wurde von Andrea Scholz (Mitglied im Referatsleitungsteam des Referates Hochschule und Forschung der GEW Thüringen) und Prof. Dr. Volker Zerbe (Präsident der FH Erfurt) mit einleitenden Reden eröffnet. Weniger Befristung, besserer Zugang zu Forschungsgeldern für Hochschulen der Angewandten Wissenschaften und eine bessere Abstimmung von Studiengängen an die Heterogenität der Studierendenschaft seien elementare Aufgaben, die in Zukunft zu lösen seien, um nur einige angesprochene Punkte zu nennen. Prof. Dr. Zerbe nahm vor allem die Politik in die Pflicht der wachsenden Studierendenzahlen mit einer besseren finanziellen Ausstattung der Hochschulen entgegenzuwirken. Außerdem sollte nicht an Baumaßnahmen gespart werden.  

Im Anschluss an die Begrüßungen wagte die 24. GEW-Hochschulkonferenz mit Dr. Alexander Yendell einen Blick über den eigenen Hochschultellerrand hinaus. Dr. Yendell stellte die von ihm mitbetreute sogenannte „Mitte“-Studie 2016 vor.  Diese stellte rechtsextreme Tendenzen in der Gesellschaft und eine zunehmende Polarisierung der rechtsextremen Szene fest.

Nach dem Blick über den Tellerrand diskutierten Dr. Yendell, Thomas Hoffmann (stellv. Landesvorsitzender), Marko Hennhöfer (Leitungsteam Referat Hochschule und Forschung) und Marlis Bremisch (Referentin für Bildung der GEW Thüringen) über die Möglichkeiten einer verbesserten Demokratisierung der Hochschulen. Der Hochschulrat soll am besten in ein beratendes Gremium umgestaltet werden, welches keine Weisungsbefugnis gegenüber anderen Hochschulmitgliedern oder –gremien hat. De facto sei das auch der jetzige Stand der Dinge hier in Thüringen, doch de jure habe der Hochschulrat größeren Einfluss.

Neben dem Hochschulrat wurden auch andere Gremien der Hochschulen diskutiert. Beispielsweise die Wiedereinführung eines Konzils. Das Argument, zu große und zu viele Gremien würden die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit der Hochschulen hemmen, wurde alleine aus demokratischen Aspekten abgelehnt. Nicht nur hochschulinterne Gremien waren Thema der Diskussion, auch die Wiedereinführung der Landeshochschulkonferenz (LHK) wurde diskutiert. Diese LHK würde die Interessen der Hochschulen vor der Landesregierung vertreten. Widerspruch zu diesem Punkt kam aus dem Publikum. Prof. Dr. Zerbe (Präsident der Fachhochschule Erfurt) fügte der Diskussion hinzu, dass die Landesrektorenkonferenz (bald vielleicht: Landespräsidentenkonferenz) diese Rolle bereits übernehme und die Interessen der Hochschulen auch adäquat vertrete. Dies führte zu Gegenrede aus anderen Teilen des Publikums, die deutlich überwogen haben. Diese war(en) der Auffassung, dass die Landesrektorenkonferenz eben nicht die gesamten Interessen aller Statusgruppen vertreten könnte, da die Rektoren u.a. bspw. Arbeitgeber gegenüber einigen Statusgruppen seien und so schon aus der Sache  heraus nicht vertretungsfähig seien. Insgesamt wurde die Wiederbegründung eine LHK als sinnvoll angesehen, da sie vor allem die Zusammenführung bereits schon existierender Strukturen im Gesetz verankern würde. Verwiesen wurde dabei auf die Existenz der LRK, der Konferenz Thüringer Studierendenschaften und des Hauptpersonalrates. Eine Zusammenführung dieser Strukturen könnte vor allem für die Landesregierung einen einfacheren und effektiveren Umgang mit den Interessen der Statusgruppen an den Hochschulen bedeuten.

Nach der Mittagspause war Minister Tiefensee (Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und digitale Gesellschaft TMWWDG) zu Gast und stellte einige konkrete Formulierungen des Referentenentwurfs vor. Diese hörten sich zumindest, was die paritätische Besetzung von Hochschulgremien betrifft, vielversprechend an. Eine Neuerung: Es sollen Diversitätsbeauftragte an Hochschulen eingeführt werden. Ein Missstand aus Sicht der GEW: Die Verbesserung der Situation der Lehrbeauftragten kommt nicht vor. Dennoch sollte sich in Geduld geübt werden bis der Referentenentwurf vorliegt, und so zeigt, was hinter den Worten des Ministers steckt und ob diesen dann tatsächlich auch „Taten“ folgen. Ein Versprechen der SPD-Fraktion gab es dennoch, der Referentenentwurf gehe niemals so in den Landtag, wie er das Referentenbüro verlässt – warten wir ab, ob das aus gewerkschaftlicher Sicht gut oder schlecht ist. Einen ausführlichen Bericht zum Vortrag des Ministers mit den einzelnen angesprochenen Punkten finden Sie in den Materialien zu diesem Bericht. 

Nach dem Minister sprach Dr. Peter Hauck-Scholz über die rechtlichen Rahmenbedingungen einer paritätischen Besetzung von Hochschulgremien. Seine Ausführungen wurden von Minister Tiefensee und allen Teilnehmer*innen der GEW-Hochschulkonferenz sehr genau verfolgt und mit Interesse aufgenommen. Ob das Verweilen des Ministers und des Abteilungsleiters Hochschulen dem reinen Interesse oder gar einer Zustimmung des Gesagten bedeutet, bleibt ungewiss und es bleibt spannend abzuwarten, ob die Einschätzungen von Dr. Hauck- Scholz, dass einige Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zuweit gingen und in die Entscheidungsprärogative des Gesetzgebers eingreifen würden, von den jetzigen Entwurfszeichnern geteilt wird oder eher nicht. Ergebnis des Vortrags von Dr. Peter Hauck-Scholz war, wenn auch ein wenig durch die Blume gesagt: Gesetzgeber traut Euch, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1973 zur Majorisierung der Hochschulprofessoren zu hinterfragen, und traut Euch, einen Gesetzesentwurf zu präsentieren, der eine mögliche Umentscheidung des Bundesverfassungsgericht bewirken könnte. Schließlich sei sowas ja auch schon irgendwann mal vorgekommen.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Konferenz erfolgreich dazu genutzt werden konnte, die gewerkschaftlichen Forderungen nochmals bekräftigend zum Ausdruck zu bringen. Man merkte aber allen Beteiligten an, dass sie den Referentenentwurf sehnlichst erwarten und endlich einen Schritt voran kommen wollen. Die erste Kabinettsbesprechung zum Referentenentwurf soll am 09. Mai stattfinden, hoffentlich bekommen wir schon vorher Einblick.

Kontakt
Marlis Bremisch
Referentin für Bildung und Gewerkschaftliche Bildungsarbeit
Adresse Heinrich-Mann-Str. 22
99096 Erfurt
Telefon:  0361 590 95 21