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Mein Weg zur GEW

„Den Mut gefunden, unsere Sorgen und Probleme darzulegen“

Warum ich mich für meine Kolleginnen und Kollegen im TV-L freuen kann, wurde ich gefragt. Weil ich davon nicht nur gewerkschaftlich betroffen bin, sondern auch einen persönlichen Bezug dazu habe. Jörg Vetter über seinen Weg zur GEW Thüringen.

Kitaerzieher Jörg Vetter (rechts) mit seiner Hortkollegin Christiane Grenda - Foto: Michael Kummer

Meine Ausbildung startet

Es war vor nunmehr 16 Jahren, als ich mich dazu entschlossen habe, in Erfurt eine Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher zu machen. Es sollte meine zweite berufliche Laufbahn werden, denn als KFZ-Mechaniker war die Situation in 2003 eher schlecht als beruhigend gestellt. Die sogenannten Quereinsteiger*innen hatten damals noch nicht so hohe Hürden zu meistern wie später nach 2006. Denn mein Zivildienst von 13 Monaten wurde als Vorprägung gewertet und somit umging ich den langen Weg von fünf Jahren (erst Sozialassistent und dann Erzieher) und konnte gleich mit der Ausbildung zum Erzieher beginnen. Finanziell konnte ich mich auf elternunabhängiges BAföG stützen, mich somit auf meine Ausbildung konzentrieren und musste nicht noch nebenher arbeiten wie einige meiner Mitstreiter*innen.

Unsere Schulklasse war bunt gemischt und ich lernte viele engagierte Frauen und Männer kennen, die im Bereich der frühkindlichen Bildung und Jugend und Sozialarbeit eine neue Berufung finden wollten. Darunter war auch Christiane. Es folgten zwei Jahre schulische Ausbildung und ein Anerkennungsjahr in einer Praxiseinrichtung. Die ersten zwei Jahre waren geprägt von Austausch und sehr guten Diskussionen. Wir waren eine tolle Klasse mit vielen verschiedenen Einstellungen, Vorerfahrungen, verschiedene Altersgruppen, mit oder ohne eigene Kinder – und es gab für mich viel zu lernen und auch weltanschaulich wurde ich toleranter geprägt. Das Jahr 2006 kam viel zu schnell und nach erfolgreichem Abschluss trennten sich unsere Wege auf Zeit.

Freie Träger, Gewerkschaft und TVöD

Es zog mich von Erfurt erstmal zurück in meine alte Heimat, um u. a. meinen Eltern unter die Arme zu greifen. Erst im Kindergarten und dann im Wohnheim habe ich bis 2012 Berufserfahrung gesammelt. Es waren durchweg freie Träger und von Gewerkschaft hörte ich da eher weniger bis gar nichts. Dann zog es mich nach Weimar und ich startete auf ein Neues im Kindergarten, in dem ich bis heute arbeite. Bezahlung nach TVöD lautete es im Bewerbungsgespräch - bei freien Trägern eher unüblich, aber nun hörte ich mehr von TVöD und Gewerkschaft, ich wurde neugierig.

Dann kam mein erster Streik

2015 war es dann soweit und ich nahm am ersten Streik meines Lebens teil. In diesem bald zum unbefristeten Streik ausgedehnten Arbeitskampf lernte ich viele neue Kolleginnen und Kollegen kennen und mein Entschluss stand fest: ich trete der GEW bei! Völlig überrascht traf ich dort meine Ausbildungskollegin Christiane wieder. Christiane arbeitete inzwischen im Hort als Erzieherin und war schon länger in der GEW dabei.

Wir fuhren mit vielen Kolleginnen und Kollegen nach Leipzig, Eisennach und Erfurt, um dort vor Ort zu demonstrieren und für unsere Forderungen auch einzustehen. Es war eine gute, aber auch anstrengende Zeit. Das musste ich erstmal aushalten lernen. Doch der Zusammenhalt und die Unterstützung durch Gewerkschaft, Eltern in der Einrichtung und Mitbürgern waren groß und gut. Das hat sehr geholfen.

Nach dem ereignisreichen Jahr 2015 gab es noch viele Treffen bei der GEW und wir tauschten uns über die jeweiligen Probleme in der Arbeit aus, sei es beim Tag der Offenen Tür oder zur Landesvertreterversammlung (LVV).

Die GEW gibt mir Mut – und persönliche Kontakte

Die Tarifverhandlungen 2019 im TV-L Bereich waren von einem guten Warnstreik und einem langen Verhandlungskrimi in Potsdam geprägt. Dabei hat sich Christiane an der Mobilmachung und Aufklärung der Forderungen beteiligt. Mit Namen und Gesicht für eine Sache einzustehen ist schwierig, denn sobald jemand in der Öffentlichkeit steht, ist sie/er als Person angreifbar. In der GEW haben wir aber auch den Mut gefunden, unsere Sorgen und Probleme darzulegen.

Umso größer war die Freude über das erreichte Verhandlungsergebnis ausgefallen und darüber, dass nun alle Erzieher*innen an den Horten nach TVöD-Entgelten bezahlt werden. Das ist eine Anerkennung ihrer guten Arbeit! Mit der GEW den Verhandlungserfolg zu feiern, ist das eine – aber die Freude fällt umso größer aus, wenn es noch dazu persönliche Kontakte gibt. Das verbindet Christiane und mich und gibt uns Kraft.