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Bericht und Bilderstrecke

Das war unser GEW-Fachtag "Demokratiebildung in der Kindertagesbetreuung"

Am Dienstag, den 18.02.2020, fanden sich über 100 interessierte Erzieher*innen, Tagespflegepersonen und Fachberater*innen aus ganz Thüringen im Erfurter Augustiner-Kloster zusammen und nutzten den Tag zur Weiterbildung, Diskussion und Austausch.

Der GEW Fachtag „Demokratiebildung in der Kindertagesbetreuung“ begann zunächst mit einer Begrüßung der Landesvorsitzenden der GEW Thüringen, Kathrin Vitzthum, welche schon zu Beginn begründete, welche Bedeutung die Demokratiebildung besonders in der heutigen Zeit hat. Erst vor kurzem fand in Thüringen ein Tabubruch in der Landespolitik statt, als ein Ministerpräsident nur mit den Stimmen der AfD in das Amt gewählt wurde. Umso wichtiger scheint es heutzutage, dass die Demokratiebildung, die Mitbestimmung und die Förderung eines selbstbestimmten Tagesablaufs bereits in jungen Jahren in Kindertageseinrichtungen beginnt.

Fachvortrag

Am Vormittag fesselte zunächst die Hauptrednerin des Fachtages Frau Prof. Dr. Annedore Prengel die Teilnehmer*innen mit ihrem Vortrag zum Thema „Demokratiebildung in der Kita – Grundlagen und Praxis“. Neben einführenden Worten zum Thema Demokratiebildung, dessen allgemeine Entstehung und Entwicklung, widmete Sie sich dem Bezug der Möglichkeiten von demokratischer Erziehung im Kleinkindalter. Hierzu präsentierte Frau Prengel Forschungsergebnisse der vergangenen Jahre über das Machtverhältnis von Erzieher*in und Kind in Deutschland. Obwohl über 75% aller Fälle von Beziehungen durchaus positiv bis neutral bewertet werden können, gibt es doch auch 25% der Erzieher*in-Kind-Beziehung, welche durch teils immer wiederkehrende negative Behandlung geprägt sind. Hierdurch können negative Einflüsse auf die weitere Entwicklung des Kindes entstehen. Nach dem Fachvortrag bestand zudem die Möglichkeit für die Teilnehmer*innen, Fragen an Frau Prof. Dr. Prengel zu stellen.

Ein Ausschnitt des Fachvortrages ist hörbar in der Radioausgabe von „Bildung in Thüringen“ vom 20.02.2020.

Workshops

Nach dem Fachvortrag begann der zweite Abschnitt des Fachtages – die Workshopphase. Die Teilnehmer*innen hatten hierzu die Auswahl zwischen den folgenden vier Workshops:

  • Workshop 1: „Subjektives Erleben der Kinder – Übungen zur Perspektivenübernahme als Beitrag zur Realisierung der Kinderrechte“
    Workshopleiterin war hier erneut Frau Prof. Dr. Annedore Prengel, welche den Workshop auch als eine Art Vertiefung ihres Fachvortrages nutzte – Sie hat derzeit eine Seniorprofessur an der Goethe-Universität Frankfurt a. M. Sie ist Gründerin des Arbeitskreis Menschenrechtsbildung, der in jährlichen Expertenkonferenzen an der Entwicklung des Manifests „Reckahner Reflexionen zur Ethik pädagogischer Beziehungen“ arbeitet.
    Ziel war eine Hineinversetzung und Perspektivenübernahme der Pädagog*innen in das subjektive Empfinden von Kindern, umso angemessene Handlungsstrategien entwickeln zu können. Besonders Augenmerk fand hierbei das Thema Kinderrechte, welches einen Hauptschwerpunkt im Thema Demokratiebildung in Kitas setzt.
  • Workshop 2: „Essen, Schlafen, Ruhen – wenn Kinder mitbestimmen möchten“
    Workshopleiter war Volker Abdel Fattah – Abdel Fattah (M.A., Systemischer Coach (SG)) studierte Soziologie, Politikwissenschaft und Philosophie an der TU Dresden und erlangte 1997 den Magisterabschluss. In den folgenden Jahren schlossen sich ein Kursstudium der Erziehungswissenschaften sowie die Weiterbildung zum Systemischen Coach an.
    Ziel des Workshops war auch hier die Sensibilisierung für Interessen und Rechte der Kinder. Besonders im Vordergrund stand hierbei die Ermöglichung eines selbstbestimmten Tagesablaufs in den Kindertageseinrichtungen. Die Teilnehmer*innen konnten hier auch ihre Erfahrungen aus den eigenen Einrichtungen einbringen, gemeinsam diskutieren und nach möglichen Lösungsansätzen suchen. Häufig genanntes Problem war das zu geringe Personal oder fehlender Platz in den Einrichtungen, um allen Kindern einen freien und selbstbestimmten Tag zu ermöglichen.
  • Workshop 3: „Adultismus – vom Machtgefälle in pädagogischen Kontexten“
    Workshopleiter war Göran Schmidt – Schmidt ist staatlich anerkannter Kindheitspädagoge, Lerncoach und Kommunikationstrainer.
    Göran Schmidt befasste sich in seinem Workshop mit dem Thema der Machtverteilung, dem Machtgefälle und der Machtungleichheit (Adultismus) zwischen Pädagog*in und Kind. Bezug wurde hierbei auch auf die geschichtliche Entwicklung von Erziehung in BRD und DDR genommen und welche Auswirkungen die damaligen Methoden noch auf die heutige Kindererziehung haben. Ziel des Workshops war durch Sprachtraining und Reflexion die Konflikte in der Kindererziehung zu reduzieren, selbst mehr Energie im Alltag zu besitzen und den Kindern einen von Glaubwürdigkeit geprägten Schutzraum bieten zu können.
  • Workshop 4: „Das wird man doch wohl noch sagen dürfen – Rechtspopulismus im Kontext frühkindlicher Bildung“
    Workshopleiterin war Pea Doubek – Doubek ist Angestellte bei MoBiT e.V. (Mobile Beratung in Thüringen) und bietet selbst Seminare zum Thema Rechtspopulismus in Kindertageseinrichtungen an. 
    In diesem Workshop befassten sich die Teilnehmer*innen zunächst mit dem allgemeinen Thema des Rechtspopulismus und stellten sich die Frage nach Entstehung, Merkmalen und Auswirkungen. Außerdem konnten die Pädagog*innen ihre eigenen Erfahrungen einbringen und darüber diskutieren. Dies wurde auch durch ein gemeinsam erarbeitetes Fallbeispiel von Rechtspopulismus in einer Kita vertieft. Außerdem konnten folgende Fragen behandelt und geklärt werden: Wie kann eine wertschätzende Elternarbeit bei gleichzeitiger Abgrenzung zu menschenfeindlichen Positionen aussehen? Welche Rahmenbedingungen können in der Einrichtung geschaffen werden, um den Entfaltungsspielraum jener Äußerungen und Botschaften einzugrenzen? Welche Stärkung benötigen die Pädagog*innen hierfür und welche Rolle spielt der Träger in dem gesamten Komplex?

Interviews mit allen Workshopleitenden sind ebenfalls in der Radiosendung „Bildung in Thüringen“ vom 20.02.2020 hörbar.

Kontakt
Nadine Hübener
Referentin für Bildung
Adresse Heinrich-Mann-Str. 22
99096 Erfurt
Telefon:  0361 590 95 54
Mobil:  01573 336 02 98