Zur aktuellen Situation
Besserer Personalschlüssel und ein Thüringer Sonderweg?
Der demografische Wandel, der uns seit vielen Jahren in der Personalausstattung an Kindergärten und Schulen, aber auch in allen Bereichen der Wirtschaft und Verwaltung beschäftigt, ist noch im vollen Gange, da droht schon seine Nachfolge.
1:12 jetzt!
In Thüringen werden immer weniger Kinder geboren. Die Auswirkungen dieser Entwicklung spüren die Thüringer Kindergärten bereits jetzt. Wurden im Jahr 2022 noch 91.800 Kinder in den Kindergärten betreut, wird für das Jahr 2042 eine Gesamtanzahl von 81.500 Kindern prognostiziert. Das sind 10.300 Kinder weniger in öffentlicher Betreuung.
Im September 2023 reichten die Koalitionsfraktionen einen Entwurf zur Änderung des Kindergartengesetzes ein. Der sah vor, den Personalschlüssel für die Überdreijährigen auf 1:12 zu verbessern, ein drittes beitragsfreies Kindergartenjahr sicherzustellen und zudem die Einrichtung eines Zentrums für frühkindliche Bildung vorzusehen. Die Opposition sah sich vor allem aufgrund der finanziellen Folgen nicht in der Lage, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen. Und so blieb er im Ausschuss liegen und spielte für die Verhandlungen zum Landeshaushalt keine Rolle.
Gemeinsam stark: Allianz für einen besseren Personalschlüssel in Thüringer Kindergärten
Mit Blick auf die sich zuspitzende Situation für die Kindergärten hat sich im Februar 2024 eine Allianz für einen besseren Personalschlüssel in Thüringer Kindergärten gegründet. Neben ver.di und GEW sind die Landeselternvertretung der Kindertagesstätten und die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege Teil der Allianz, mittlerweile auch der Arbeitskreis Thüringer Familien. Gemeinsam haben wir in den vergangenen Monaten einen Appell an die Politik veröffentlicht, eine Veranstaltung zu Zahlen und Fakten durchgeführt und zwei Kundgebungen vor dem Thüringer Landtag organisiert. Während wir auf der ersten Kundgebung den drohenden Personalabbau mit Kinderbildern symbolisierten (2024: 500 Vollzeitstellen / 2025: bis zu 750 Vollzeitstellen), kamen zur zweiten Kundgebung knapp 1.000 Erzieher:innen und Eltern zusammen, um für die Verbesserung des Personalschlüssels und den Erhalt ihrer Einrichtungen zu protestieren. Denn bereits jetzt gibt es Kommunen, die Schließungen von Kindergärten planen, an den Arbeitsverträgen mit ihren flexiblen Stunden drehen und die Betreuungszeiten einschränken. Eine unsägliche Situation für die Beschäftigten und Eltern, vor allem aber für die Kinder.
Ein Kompromiss muss möglich sein
Die Allianz hat sich darauf verständigt, die Verbesserung des Personalschlüssels in den Mittelpunkt zu stellen. Wenn sich das Parlament auf diesen Kompromiss verständigt, könnten die Erzieher:innen ihre Arbeitsplätze behalten und zugleich die Betreuung verbessern. Denn weniger Kinder in der Gruppe heißt vor allem mehr Zeit für individuelle Förderung und damit mehr Qualität.
Wir erwarten, dass sich die demokratischen Fraktionen einen Ruck geben und noch in dieser Legislatur diese Änderung des Kindergartengesetzes beschließen. Alle weiteren Ideen zur Verbesserung der Qualität und der Arbeitsbedingungen kann dann eine neue Landesregierung in Angriff nehmen. Für den Moment gilt aber 1:12 jetzt!
Die GEW und das Thüringer Finanzministerium
Ich will ehrlich sein: Als Thüringer Finanzministerin hat man es nicht leicht, alle wollen viel Geld für wichtige Dinge, aber Geld kann man nur einmal ausgeben. Soweit so schlecht. Alle Verhandlungsaufforderungen zur besseren Eingruppierung der Sonderpädagogischen Fachkräfte und der Fachpraxislehrer:innen sowie die Schaffung einer beamtenrechtlichen Regelung für ein sogenanntes Jobrad hat die Finanzministerin abgelehnt. Und sie verlässt mit ihrem Vorschlag zur Übertragung des Tarifergebnisses auf die Beamt:innen und Versorgungsempfänger:innen den bisher üblichen Weg, dass die Besoldung dem Tarif folgt. Trotz deutlicher Kritik der DGB-Gewerkschaften und nach mehrfachen Gesprächen hält sie am Thüringer Sonderweg fest. Welche Konsequenzen das hat und ob ein neu besetztes Finanzministerium nach der Landtagswahl dies korrigieren wird, bleibt abzuwarten.
Für die kommende Zeit wünsche ich Euch helle Tage, frohen Mut, Wind im Haar und Sonne im Herzen.
99096 Erfurt
