Was wäre, wenn...?
Autoritärer Populismus und die Wissenschaftsfreiheit
Wie steht es um die Wissenschaftsfreiheit und die Hochschulautonomie, wenn in Thüringen eine autoritär-populistische Partei erstarken würde? Dieser brennenden Frage haben sich 20 Personen bei einem Workshop gestellt, den die GEW Thüringen gemeinsam mit dem Verfassungsblog in Jena organisiert hat.
Der Workshop wurde gemeinsam von Marie Müller-Elmau, die im Thüringen-Projekt (Verfassungsblog) arbeitet, und Christoph Haker, der an der Uni Paderborn zu wissenschaftsbezogenem Rechtspopulismus/-extremismus forscht, geleitet. Im Zentrum des Workshops standen verschiedene Szenarien, die von realen Ereignissen in Deutschland, aber auch in andren Staaten (Polen, Ungarn, …), inspiriert sind. In Teams haben wir diese Szenarien ausführlich diskutiert:
- Darf ich mich als Professor:in an einer Demo gegen eine Regierung beteiligen, in der eine autoritär-populistische Partei den Wissenschaftsminister stellt?
- Darf die Polizei ein Protest-Camp auf Uni-Gelände auflösen, obwohl dieses von der Hochschulleitung geduldet wird?
- Wie verhalte ich mich, wenn einige Studierende im Seminar mich mit einer schlechten Evaluation bestrafen, weil ich konsequent geschlechtergerechte Sprache verwende?
- Welche Hebel hat eine Landesregierung bzw. ein Landtag, um die Forschungsgegenstände der Universität zu bestimmen?
Mit etwas Abstand konnten wir so die Szenarien betrachten und Strategien zur Reaktion bearbeiten, bevor diese überhaupt eingetroffen sind. Alle Szenarien wurden im Anschluss von den Workshop-Leitenden sowohl juristisch als auch soziologisch kommentiert. Am Ende haben wir den Workshop um einiges schlauer verlassen. Und auch ein bisschen mutiger – wissend, dass wir nach den Wahlen keinesfalls handlungsunfähig dastehen werden. Nur einen Kritikpunkt gab es durchweg: Nächstes Mal gern mehr Zeit einplanen, denn dieses wichtige Thema kann man nicht ausführlich genug diskutieren.
Feedback eines Teilnehmers:
„Danke für den Workshop. Das war zwar - wie ich fand - zu kurz, wir hätten gut noch so ein bis zwei Stunden dranhängen können. Aber es war ermutigend und ich hoffe, es führt auch zu einer Vernetzung sowohl unter den Gewerkschaftsmitgliedern, als auch zu "auswärtigen" Organisationen und Netzwerken, etwa zu Omas gegen Rechts, "Auf die Plätze"- Bündnis (Erfurt), und anderen. Damit, wenn etwa eine Uni oder ein Lehrstuhl (mittels Verboten oder Anordnungen) angegriffen wird, nicht nur ein paar Leutchen mobilisiert werden können, sondern ein breiter Querschnitt aus allen Schichten oder Netzwerken in Thüringen oder sogar ganz Deutschland beispringt und was tut“. Gendergerechte Sprache war für mich früher auch eher unwichtig. Allerdings habe ich umgelernt. Zum Beispiel in den Ingenieurswissenschaften, Fahrzeugbau, wurden für Crash-Tests nur Dummys entsprechend dem männlichen "Normkörper" verwendet. Frauen (oder auch z.B. kleinwüchsige Menschen) fielen durch das Raster - mit Folgen für die Unfallverletzungen von Frauen. Ähnlich in der Medizin, wenn Medikamente etwa nur an männlichen Probanden getestet wurden.“
Feedback eines weiteren Teilnehmers:
„Sehr spannender und lehrreicher Workshop. Sehr praxisorientiert, aber großteils Vorbereitung auf bereits existierende Szenarien, mehr Vorbereitung auf das, was noch alles kommen könnte. Sehr spannender Einblick insbesondere zum einen aus juristischer und soziologischen Perspektive und damit unsäglich beleuchtet.“
07737 Jena