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Wer unterstützt bei Diskriminierung? Teil 1

Antisemitische Vorfälle sichtbar machen: Die „Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Thüringen“

Der Landesausschuss Diversity der GEW Thüringen informiert in einer Serie über Projekte, Melde- und Beratungsstellen zu Antidiskriminierung in Thüringen. Für den ersten Teil hat unsere Praktikantin Ramona Mayer beim RIAS Thüringen nachgefragt.

Was macht RIAS Thüringen und wie versteht RIAS Antisemitismus?

RIAS steht für „Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus“. Diese Meldestellen gibt es in mehreren Bundesländern, seit 2021 auch in Thüringen. Wir nehmen Meldungen von antisemitischen Vorfällen entgegen, führen Verweisberatungen für Betroffene durch und erheben jährlich Statistiken zu den gemeldeten Vorfällen. Der Unterschied zu den Statistiken der Polizei ist, dass RIAS auch Vorfälle aufnimmt, die keinen Straftatbestand erfüllen. Gerade der alltägliche Antisemitismus ist weit verbreitet, wird aber oft nicht richtig wahrgenommen. Nur wenn man ihn mit in den Blick nimmt, erhält man ein konkretes Bild von diesem gesellschaftlichen Problem. Das macht RIAS: Antisemitismus in all seinen Spielarten sichtbar machen.

Was passiert mit den gemeldeten Fällen?

Die Vorfälle werden von uns anonymisiert in einer Datenbank gesammelt. Nur auf ausdrücklichen Wunsch der Meldenden vermitteln wir Opferberatungsstellen oder Institutionen, die mit Aufklärungsprojekten helfen können. Einmal im Jahr erarbeiten wir aus den Daten einen Jahresbericht. Mithilfe von Statistiken und Analysen gibt dieser einen Überblick über die Verbreitung von Antisemitismus in Thüringen. Wenn die Meldenden zustimmen, veröffentlichen wir auch einen Teil der Vorfälle anonymisiert über unsere Social Media Kanäle.

Wie erkenne ich Antisemitismus in meinem Umfeld?

Antisemitismus zeigt sich in ganz unterschiedlichen Formen. Häufig wird die Bezeichnung „Jude“ als Schimpfwort verwendet. Menschen, die etwa durch eine Kippa jüdisch markiert sind, werden beschimpft. Auch die Abwehr oder Verharmlosung der Shoah ist antisemitisch. Dazu gehört die bekannte Forderung einer 180°-Wende in der Erinnerungskultur ebenso wie Vergleiche der Shoah mit der Corona-Politik. Besonders schwierig zu erkennen und dennoch weitverbreitet ist der Antisemitismus in Verschwörungsideologien. Dann zeigt er sich verklausuliert, etwa indem eine geheime Macht imaginiert wird, welche die Fäden zieht. Häufig wird eine Verbindung zu George Soros oder der Familie Rothschild hergestellt. Auch gibt es den israelbezogenen Antisemitismus, der es nicht bei einer sachlichen Kritik der Politik belässt, sondern den Staat Israel oder Jüdinnen*Juden geradezu dämonisiert.

Im Zweifelsfall ist es immer besser, eine Meldung zu machen. Entsprechende Erfahrungen und Beobachtungen sollten nicht untergehen. Dabei gibt es kein „zu alltäglich“ oder „zu unwichtig“. Schmierereien, „Witze“, abfällige Bemerkungen sind genauso Vorfälle wie Sachbeschädigungen, körperliche Angriffe oder Bedrohungen im Internet. Selbst in so manchem Schulbuch findet sich noch immer latenter Antisemitismus.

Warum ist es wichtig antisemitische Vorfälle zu melden?

Damit der Bericht möglichst aussagekräftig ist, sind wir auf die Meldungen möglichst vieler Bürger*innen angewiesen. Je mehr gemeldet wird, desto kleiner wird das Dunkelfeld. Antisemitismus bedroht im Endeffekt nicht nur Jüdinnen*Juden, sondern in zweiter Instanz die Demokratie, in der wir leben. Je mehr Vorfälle bekannt werden, desto besser können wir analysieren wann, wo und in welcher Form Antisemitismus auftritt und umso besser kann gegengesteuert werden.

 

Ich habe einen antisemitischen Vorfall in meinem Arbeitskontext mitbekommen – wie kann ich ihn bei RIAS melden?
Meldungen sind auf der Internetseite und per Mail möglich. Ein erster Kontakt kann auch über Instagram oder Facebook entstehen:
Internet: www.report-antisemitism.de/report
E-Mail: rias.thueringen(at)idz-jena(dot)de
Instagram: @rias.thueringen
Facebook: RIAS Thüringen – Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus

 

Mit welchen Beratungsstellen arbeitet RIAS Thüringen zusammen und wie kann ich diese erreichen?

Bei Bedarf vermitteln wir Meldende an Opferberatungsstellen wie „ezra“ oder „OFEK“. Für Beratungen zu Aufklärungsarbeit oder Antidiskriminierungsprojekten vermitteln wir unter anderem an „MOBIT“ und an das „Kompetenzzentrum Prävention und Empowerment“.


Weitere Infos unter:

Gute Informationen, praktische Tipps und Hinweise für weiterführende Literatur auf der Internetseite der Amadeu-Antonio-Stiftung

Publikationen von RIAS Thüringen und weiteres Material auf der Internetseite des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft Jena


Die Fragen wurden von Ramona Mayer gestellt.

Kontakt
Marcus Heyn
Vertreter des Landesausschusses Diversity
Adresse Heinrich-Mann-Str. 22
99096 Erfurt
Telefon:  0361 590 95 21