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950 Lehrer in Thüringen sind langzeitkrank. Her mit den drei Millionen Euro, wir werden sie sinnvoll einsetzen!

"950 Lehrer in Thüringen sind langzeitkrank" - ein Zeitungsartikel in der TLZ (14.11.2017) und wieder einer, der die Pädagogengesundheit im Focus hat.

950 - Die Zahl lässt aufhorchen, aber sie erschreckt nicht mehr. Sie war absehbar und bis zum Schuljahresende 2017/2018 wird sie mit Sicherheit noch steigen. Schule in Thüringen macht krank, das ist das Bild, was wir damit auch nach außen vermitteln. Kommen auch deshalb kaum junge Lehrer? Angst vor Überforderung, krankmachenden Faktoren?

Die Ausmaße der krankheitsbedingten Ausfälle sind allen bewusst, Unterrichtsausfall in Größenordnungen, Wegfall von Ganztagsangeboten, Lehrer, Erzieher und Sonderpädagogische Fachkräfte ersticken in Bürokratie und Dokumentationswahn, die Kinder sind anders geworden ... und wir älter.

Die LINKE-Landtagsfraktion will 1/3 der geplanten 9,2 Millionen Euro finanziellen Mittel, die als Schulbudget vorgesehen sind, in die Pädagogengesundheit investieren. Das klingt spannend, aber es bedarf auch eines konkreten Umsetzungsplans. Wir als GEW haben schon genug geredet. Unsere Ideen und Forderungen müssen endlich erhört und umgesetzt werden, die vielen Diskussionen sollten endlich zum Erfolg führen. Warum trifft nicht mal ein Politiker eine Entscheidung, die an den Stellen Positives bewirkt, wo es gebraucht wird? Nutzen wir doch die 3 Millionen, um allen Klassenleitern endlich eine Entlastungsstunde zukommen zu lassen. Nutzen wir das Geld, um endlich individuelle Lebens- und Arbeitsmodelle wie Teilzeitangebote, Lebensarbeitszeitkonten anzubieten. Gebt den Schulen die 3 Millionen, damit sie eigenverantwortlich Schule gestalten können, damit Kolleginnen und Kollegen kostenlose Gesundheitsangebote nutzen können, um in einer stabilen Work-Life-Balance zu leben. Nutzen wir das Geld für die längst überfällige Wertschätzung der Pädagog*Innenarbeit mit gerechter Bezahlung. Investieren wir in junge Kolleginnen und Kollegen und bieten wir ihnen attraktive Beschäftigungsbedingungen.

Ein bisschen gesunde Schule. Ansätze wie das Betriebliche Eingliederungsmanagement oder die Nutzung von Fortbildungsangeboten über das Thüringer Schulportal sind ein Anfang und bleiben ein Alibi, wenn es nicht gelingt, dem Arbeitgeber mit seiner Fürsorgepflicht mehr abzuverlangen. Gesundes Führungsmanagement – die Grundlage für gesunde Schule.

Drei Millionen klingt viel, aber es wird nicht reichen, um „Gesunde Schule“ in allen Facetten zu gestalten. Wir als GEW haben uns dafür stark gemacht, eine Rahmendienstvereinbarung zu verabschieden. Wir setzen uns dafür ein, an den Schulämtern ein funktionierendes Netzwerk zum Gesundheitsmanagement mit Angeboten für gesundheitsfördernde Maßnahmen zu etablieren. Wir haben alle Örtlichen Personalräte zum Gesundheitsmanagement geschult und sie dazu aufgerufen, an ihren Schulen Maßnahmen einzufordern, die es allen Pädagog*Innen ermöglichen, es gesund bis zur Rente oder Pension zu schaffen. Wir bleiben als GEW dran. Es muss uns gelingen, auch in den jetzt in Gange gekommenen Verhandlungen zum Personalentwicklungskonzept das Ministerium aufzufordern, der Gesundheit der Beschäftigten an den Schulen alleroberste Priorität zukommen zu lassen. Hier ist jeder aufgefordert, sich miteinzubringen.

Her mit den drei Millionen Euro, wir werden sie sinnvoll einsetzen!

 

Kommentar von Gunter Zeuke, stellvertretender Landesvorsitzender:

Die Herausforderungen der Inklusion wurden den Schulen und Pädagog*innen aufgebürdet ohne, dass die Bedingungen dafür da waren bzw. sind. Sinngemäß hieß es: „Ihr müsst euch nur mehr Mühe geben, dann funktioniert es auch.“ Mittlerweile ist die Devise: Tempo raus aus der Inklusionsdebatte. Die Widerstände von der Basis waren zu groß! Schön und gut. Die Probleme an den Schulen bestehen aber nach wie vor bzw. verschärfen sich noch. Die Kolleginnen und Kollegen werden damit allein gelassen.

Die dringendsten Ansatzpunkte:

  • Die Rolle der Förderschulen stärken: Nicht jede Schülerin / jeder Schüler ist unter den heutigen Bedingungen an einer allgemeinbildenden Schule beschulbar.
  • Inklusive Schule funktioniert nur in einer Ganztagsschule, die diesen Namen verdient. Dazu gehören u. a.:
    • eine entsprechende personelle Ausstattung, damit die bestehenden Ganztagsschulkonzepte weiterentwickelt und ausgebaut werden können und nicht, wie zur Zeit „eingestampft“ werden müssen, weil kein Personal da ist.
    • Ausbau des von Erzieher*innen und Lehrer*innen gemeinsam gestalteten Vormittags (Erhöhung des Faktors von 0,1 auf 0,3)
    • sozialpädagogische und pädagogische Förderung ist auch am Nachmittag notwendig
  • Verbesserung der Beschäftigungsbedingungen der Erzieher*innen: (80% Beschäftigungsumfang mit dem Ziel der Vollbeschäftigung)

Drei Millionen Euro bereitzustellen und zu sagen „Ihr Schulen macht mal und korrigiert damit all die Fehler und Versäumnisse der letzten Jahre und Jahrzehnte!“ das wird nicht funktionieren. Stressbewältigungs- und Zeitmanagementseminare für Pädagog*innen sind nicht die Lösung. Der Bericht der Kommission „Zukunft Schule“ hat bezüglich der Defizite im Schulbereich eine gute Analyse vorgenommen. Die derzeit laufenden Umsetzungswerkstätten sind sehr geeignet, Lösungsvorschläge zu erarbeiten und auf den Weg zu bringen. Außerdem tragen die nach mehr als drei Jahren Stillstand endlich begonnenen Verhandlungen zur Ausgestaltung/ Weiterentwicklung des Personalentwicklungskonzeptes SCHULE aus dem Jahr 2013 mit den Schwerpunkten Personalreserve zur Vermeidung von Unterrichtsausfall, Gesundheitsmanagement und Teilzeit zur Entlastung von Lehrkräften, Nachwuchsgewinnung und Pädagog*innenforbildung dazu bei, die vielfältigen Probleme im Schulbereich zu lösen.

Dringend beginnen sollten in diesem Zusammenhang die Verhandlungen zur Weiterentwicklung der Pädag*innenausbildung in der universitären Phase auch im Hinblick auf Inklusion. Die GEW ist dazu bereit und vorbereitet.