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Bildungsfinanzierung in Thüringen: Nur Mut, liebe Landesregierung, Gestalten statt Verwalten!

GEW Thüringen diskutierte am gestrigen Abend im Rahmen des jährlich stattfindenden „Hopfenberggesprächs zum Landeshaushalt“ mit der Finanzministerin, der Staatssekretärin aus dem Bildungsministerium und mit Landtagsabgeordneten von CDU, LINKEN, SPD und Bündnis 90/Die Grünen über die aktuellen Bildungsausgaben und den tatsächlichen Finanzbedarf vor dem Hintergrund steigender Schüler*innenzahlen, Inklusionsanforderungen und Überalterung der Kollegien.

"Hopfenberggespräch zum Landeshaushalt" der GEW Thüringen, vorn Christian Tischner (CDU), hinten Kathrin Vitzthum, GEW Thüringen

„Bildung kostet Geld, deutlich mehr als der Freistaat Thüringen derzeit dafür aufwendet. Aber wenn wir das Geld jetzt nicht einsetzen – für Personal, für die Ausstattung der Bildungs­einrichtungen –, dann werden in einigen Jahren die Auswirkungen in vielen Bereichen in Thüringen deutlich teurer sein, als das heute für Bildung eingesetzte Geld“, appellierte Kristina Argus, Mitglied des Geschäftsführenden Vorstandes der GEW Thüringen für den Bereich allgemein- und berufsbildende Schulen, an die Landesregierung und besonders das Finanzministerium.

Vor knapp 50 Vertreter*innen der Bildungsgewerkschaft GEW erläuterte Dr. Roman Jaich von der Fernuniversität Hagen den zusätzlichen Finanzbedarf für Thüringen, sollten die Vorgaben von OECD, EU und Bund hinsichtlich Personalausstattung, Betreuungs- und Klassenschlüsseln eingehalten werden. Roman Jaich hat im Jahr 2015 im Auftrag der GEW die „Bildungsfinanzierung der öffentlichen Hand – Stand und Herausforderungen“ beleuchtet und in Erfurt Zahlen für Thüringen vorgestellt. Demnach müsste der Freistaat Thüringen ca. 738 Mio. Euro mehr einsetzen, wobei ca. 314 Mio. Euro auf die Kindertagesstätten und ca. 160 Mio. Euro auf den Bereich der allgemeinbildenden Schulen entfallen müssten.

Es gibt viele Baustellen im Schulbereich Thüringen: die Eingruppierung der Lehrer*innen, die Schwierigkeit, neue Lehrer*innen für Regel- und Gemeinschaftsschulen sowie für Förderpädagogik zu finden, die Herausforderungen der Inklusion, der Gesundheitszustand der immer älter werdenden Kollegien. Dies machte Bärbel Brockmann, Leiterin der AG Personalrat der GEW Thüringen, deutlich: „Seit 2014 gibt es im Schulbereich ein Personalentwicklungskonzept, in dem Verabredungen zum Beispiel zum Lehrergrundbedarf, einer Vertretungsreserve und einem Gesundheitsmanagement getroffen wurden. Von der Umsetzung der damals verabredeten Verbesserungen sind wir 2017 noch meilenweit entfernt.“ Dies  konnten viele Kolleg*innen in der Diskussion aus ihrer Praxis untersetzen.

Aber auch im Bereich der Kindertagesstätten gibt es viel zu tun. Der Investionsbedarf in diesem Bereich resultiert vor allen Dingen aus der im Bundesvergleich qualitativen Rückständigkeit bezüglich des Betreuungs- und Personalschlüssels sowie bei der Freistellung von Kita-Leiter*innen. Diezbezüglich mahnte die GEW Thüringen an, zum einen bereits im Zuge der Novellierung des Kita-Gesetzes perspektivische Verbesserungen festzulegen und zum anderen Bundesmittel verstärkt für die personelle Ausstattung zu verwenden. Erneut forderte die GEW, die Finanzierung der Kindertagesstätten auf eine solidere Basis zu stellen und für die Berechnung der Personalkosten den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst zu Grunde zu legen. Erst dies ermögliche es den Städten und Gemeinden, gute tarifvertraglich geregelte Bedingungen für die Beschäftigten vor Ort zu gewährleisten.

In der anschließenden Diskussion kamen zahlreiche Haushalts- und Bildungspolitiker*nnen Thüringens zu Wort: Finanzministerin Heike Taubert, die Staatssekretärin im Bildungsministerium Gabi Ohler, der bildungspolitische Sprecher der LINKEN, Torsten Wolf, das Mitglied des Haushalts- und Finanzausschusses Christoph Matschie und der bildungspolitische Sprecher der CDU Christian Tischner. Einig waren sich alle darin, dass es dringend Verbesserungen braucht, um Thüringen als attraktiven Standort für Bildung weiterzuentwickeln und konkurrenzfähig zu bleiben. Die Konzepte dorthin reichen jedoch von Verbeamtung über Höhergruppierung, Lehrplanentwicklung sowie Studien- und Berufsorientierung unterschiedliche Schwerpunktsetzungen auf.

„Wir werden nur gemeinsam die Bedingungen der Thüringer Bildungslandschaft verbessern“, erklärte Kathrin Vitzthum, Landesvorsitzende der GEW Thüringen, abschließend und kündigte weitere Gespräche zu Fragen der Bildungsfinanzierung an.

 

Hintergründe:

Bildung. Weiter denken!

Im Vorfeld der Initiative der GEW „Bildung. Weiter denken!“ hat Dr. Roman Jaich für die GEW untersucht, wie sich die Mittel der öffentlichen Hand gestalten müssen, damit Deutschland auch europa- und OECD-weit einen vorderen Platz einnehmen könnte. Der Schlussbericht, der auch länderspezifische Aussagen trifft, ist hier als pdf herunterladbar. Alles zur Initiative und aktuellen Aktionen finden Sie hier.

 

Über die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Thüringen:

Die Bildungsgewerkschaft GEW THÜRINGEN ist die größte und bedeutendste bildungspolitische Kraft in Thüringen. Sie organisiert aktive und ehemalige Beschäftigte an den Thüringer Bildungseinrichtungen. Schwerpunkte der politischen Arbeit sind die Bildungsgerechtigkeit, die Lern- und Arbeitsbedingungen an Kitas, Schulen, Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen sowie die Angestellten-, Beamten- und Tarifpolitik. Vorsitzende ist Kathrin Vitzthum. 

Kontakt
Dr. Michael Kummer
Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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99096 Erfurt
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